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Wie du deinen inneren Kritiker bekämpfst

Wie du deinen inneren Kritiker bekämpfst

Fast jeder von uns trägt eine Stimme im Kopf herum, die man den inneren Kritiker nennen könnte. Er neigt dazu, uns spät in der Nacht heimzusuchen, wartet, bis wir sehr müde oder  erschöpft sind – und beginnt uns böse, ungeheuerliche Dinge zuzuflüstern, um so unseren Frieden, unser Selbstvertrauen und Selbstmitgefühl zu zerstören. Der innere Kritiker ist zutiefst davon überzeugt, dass wir eigentlich gar nicht existieren sollten – und erklärt uns auf äußerst raffinierte und erfinderische Weise, warum dies der Fall ist. Im Extremfall ist es der innere Kritiker, der Menschen empfiehlt, sich umzubringen.

Schreitet der innere Kritiker mal wieder zur Attacke, sind wir nur allzu oft wie erstarrt: Wir wissen einfach nicht, wie wir reagieren sollen. Alleingelassen mit unserem Kritiker stecken wir im Tunnel fest und vergessen, dass man alles, was uns betrifft, durchaus in einem anderen Licht sehen kann. Wir aber beugen uns dem Ansturm gnadenloser Beschuldigungen, geißeln uns selbst und versinken in Hoffnungslosigkeit.

Um das zu verhindern, sollten wir, wenn sich der Sturm gelegt hat, ein oder zwei Dinge vorbereiten, die wir dem Kritiker entgegen halten können, wenn er uns das nächste Mal heimsucht, mit gezücktem Dolch oder einer Kettensäge in der Hand. Hier ein paar Vorschläge:

 Der innere Kritiker: „Du bist ein totaler Verlierer!“

Es gibt niemals nur eine Lebensgeschichte; dieselben Fakten können Basis völlig gegensätzlicher Erzählungen sein. Hoffnungsvoll die eine, zum Verzweifeln die andere. Selbstverständlich ließe sich aus allem eine Tragödie stricken; natürlich wäre da genug Material für einen Selbstmord. Versuchen wir jedoch, eine andere Richtung einzuschlagen. Die Geschichte deines Lebens klänge dann zum Beispiel so: „Trotz enormer Widrigkeiten hast du versucht, anständig zu leben; wie jeder Mensch hast du einige schwere Fehler begangen und teuer dafür bezahlt. In vielerlei Hinsicht hast du weit mehr gelitten als angemessen. Du bist durch die Hölle gegangen. Dennoch hast du versucht gut zu sein, du hast einige Menschen richtig geliebt und immer weiter gemacht.“ Auf dem Grabstein stünde: „Hat sich wirklich bemüht.“ Oder: „Trotz allem: Er/sie hatte das Herz am richtigen Fleck.“ Und auch das entspräche den Tatsachen – und wäre zugleich die sehr viel nettere Geschichte.

 „Du bist ekelhaft: du verdienst kein Mitgefühl!“

Man könnte sich an dieser Stelle fragen, woher der innere Kritiker eigentlich kommt. Die Antwort ist klar: Jeder innere Kritiker war einst ein äußerer. Du hast ihn internalisiert. Darum sprichst du mit dir, wie ein anderer zu dir gesprochen hat – oder so, wie sich seine Worte für dich angefühlt haben.

Höchste Zeit wäre es, von diesem geistesgestörten, grausamen Wahnsinnigen abzurücken – und dich zu fragen, was er in deinem Gehirn zu suchen hat. Spricht man etwa so miteinander? Du bist ja gern bereit, deine Versäumnisse einzuräumen, alle, jedes einzelne; du bist auch bereit, dich zu entschuldigen, Buße zu tun, den anderen zu entschädigen und hinzunehmen, was immer auf dich zu zukommen mag, aber das? Verdient irgendjemand so etwas? Der innere Kritiker will nichts anderes als deinen Tod – und er hat keinerlei Recht, sich ungehindert Zugang zu deinem Verstand zu verschaffen, den Vorschlaghammer in der Hand.


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„Alle wissen, wie man sein Leben auf die Reihe kriegt. Nur du nicht.“

Noch so ein typischer, qualvoller Vorwurf. Dabei haben wir keine Ahnung, ob er stimmt. Denn wir kennen andere Menschen nur von außen und sehen lediglich, was sie uns zu zeigen bereit sind. Naturgemäß verbergen sie die schlechten Anteile, derer wir uns selbst nur allzu bewusst sind. Dabei ist äußerst wahrscheinlich, dass Schuld und Angst auch sie zerfressen. Und auch sie drehen manchmal durch. Einige wenige Leute scheinen zwar ein perfektes Leben zu führen – aber das wirkt nur so, weil du sie nicht gut genug kennst. Aus der Nähe besehen ist niemand normal oder immerzu glücklich. Das Leben ist für jeden ein Kampf. Hör auf, die Tiefen deines Selbst zu vergleichen mit den Werbesprüchen, hinter denen andere ihr Leben verstecken.

„Du hast unverzeihliche Fehler gemacht.“

Das schon wieder! Sinnlos, es zu leugnen. Die beste Abwehr ist hier der Rückzug: Natürlich! Natürlich hast du einige schreckliche, zum Teil sogar katastrophale Fehler begangen! Natürlich warst du ein Idiot! Aber halte einen Moment inne, besinne dich auf deine Kindheit und bedenke, woher du kommst und was du durchgemacht hast. Wie groß war deine Chance, zu einem auch nur halbwegs geistig gesunden Menschen zu werden? Es ist erstaunlich, dass du überhaupt fähig bist, aufzustehen und deinen eigenen Namen zu sagen. Wir haben es nie mit perfekten Menschen zu tun. Die Welt ist ein Krankenhaus, bewohnt von gebrochenen Gestalten. Hör auf dich mit der Vorstellung zu quälen, du hättest jemals perfekt sein können; staune darüber, dass du existierst.

„Es wird nie wieder besser.“

Die Wahrheit ist: Du weißt es nicht. Niemand weiß, was die Zukunft bringt. Die merkwürdigsten, schrecklichsten Dinge sind sehr plötzlich geschehen; die merkwürdigsten, herrlichsten Dinge können ebenso plötzlich eintreten. Hoffnungslosigkeit setzt voraus, dass du den Rest der Geschichte kennst. Aber das ist nicht der Fall. Mach weiter.

„Ein Desaster steht bevor; die Katastrophe kommt.“

Der innere Kritiker liebt es, Terror zu verbreiten; er beharrt wieder und wieder darauf, dass gleich etwas Entsetzliches geschieht. Du solltest diesen sadistischen Kritiker mit seinen eigenen Waffen schlagen. Hör auf darauf zu hoffen, dass etwas Spaß macht. Erlaube dir, Angst vor einem Desaster zu haben. Nimm die Attacke vorweg. Ja, da könnten ein paar Probleme lauern. Na und? Du kommst damit zurecht. Das Leben geht weiter, auch auf sehr viel niedrigerem Niveau. Menschen verlieren ein Bein und laufen trotzdem, sie richten sich im Exil ein, sie verlieren alle Freunde bis auf einen, sie leben von Almosen. Man wird damit fertig.

„Niemand liebt dich oder wird dich jemals lieben.“

Das klingt besonders überzeugend, vor allem gegen drei Uhr am Morgen. Aber es entspricht nicht der Wahrheit. Du hast gelitten, du bist ehrlich, du kannst nett sein. Das genügt, um jemanden für dich zu gewinnen. Die meisten Menschen lieben Siegertypen, aber du musst nicht zur Mehrheit gehören. Konzentriere dich auf die kleine Zahl derer, die ein sehr großes Herz haben. Sprich ehrlich mit ihnen über deinen Schmerz; sie werden ihren Weg zu dir finden.

„Du bist so hässlich.“

Gut möglich, aber das geht vielen Leuten nicht anders, und wenn du sie liebst, schätzt du ihre Seele und ihren Charakter. Wahrscheinlich hast du schon lange nicht mehr darüber nachgedacht, wie die Leute aussehen, die du zutiefst liebst.

„Wo wirst du in fünf Jahren sein?“

Wen interessiert das zum jetzigen Zeitpunkt? Unterteile das Leben in viel kleinere Einheiten. Sorge für die nächste Mahlzeit und ein schönes Vollbad, und du hast genug erreicht. Ehrgeiz gilt als notwendige Bedingung des Überlebens – reduziere ihn trotzdem! Triumphiere, wenn in der kommenden Stunde nichts total Schreckliches passiert. Feiere die friedlichen nächsten zehn Minuten.

Du möchtest sterben, stimmt´s? Und wahrscheinlich solltest du das auch!“

Absolut nicht! Gerade fällt es dir schwer zu leben, aber eigentlich willst du am Leben sein. Du willst herausfinden, wie man ein anständiger Mensch wird und weitermacht. Und das wirst du auch.

Spätestens jetzt müsste der innere Kritiker – erzürnt darüber, dass ihm widerstanden wurde – aufgegeben haben und uns für ein paar Stunden allein lassen. In der Zwischenzeit sollten wir uns daran erinnern, wie es sich angefühlt hat, fünf Jahre alt zu sein, zärtlich umsorgt von jemandem, der uns übers Haar strich und einen Kosenamen für uns hatte. Die Dinge sind seither schwieriger für uns geworden, aber das, was uns zusteht, hat sich nicht verändert: Wir alle sind noch immer kleine Kinder, die Vergebung verdienen und viel Nachsicht brauchen. Wir wursteln uns durch und versuchen, unser Bestes zu geben – soweit es die Umstände erlauben.


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By The School of Life

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