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Wie Angst und Scham unser Sexleben verderben

Wie Angst und Scham unser Sexleben verderben

Zu der Angst vor der Liebe kann sich auch Angst vor dem Sex gesellen – ein weiteres Thema, bei dem die gesellschaftliche Norm erwartet, dass wir keine Angst haben.

Aber wie töricht ist es, anzunehmen, dass es nicht sehr kompliziert sein könnte, sich vor jemandem auszuziehen und mit einem anderen Menschen zu schlafen. Viele von uns sind weit davon entfernt, die ungehemmten und befreiten Freigeister zu sein, für die uns die Werbebranche hält. Wir tragen viel Scham in uns, die sich gerade im Umgang mit unserer Sexualität zeigt.

Unsere sexuelle Identität selbstbewusst und glücklich auszuleben, offen  und klar zu sagen, was wir wollen, und ohne Verlegenheit darum zu bitten – das sind enorme psychologische Leistungen. Problemlos bekommen das nur diejenigen unter uns hin, die in ihrer frühen Kindheit ein sehr unterstützendes und gefühlsbetontes Umfeld hatten. Damit wir als Erwachsene sexuell unbeschwert sein können, müssen uns andere vor langer Zeit das  Gefühl vermittelt haben, dass wir in Ordnung sind:  dass unser Körper und  seine Funktionen etwas Natürliches und Schönes sind, dass wir nicht unartig oder sündig sind, wenn wir  neugierig  unseren  Körper erkunden, und dass eine Analphase im frühkindlichen Alter völlig normal ist.

Sexuelles Begehren ist einer der persönlichsten und verletzlichsten Bereiche – und es setzt uns potenziell einem hohen Maß an Lächerlichkeit aus. Wie Tyrannen und Mobber schon immer wussten, kann man das Selbstvertrauen einer Person schnell zerstören, indem man sie wegen ihrer Sexualität beschämt. Es gibt nur Weniges, das uns so sehr ausmacht, wie unsere Sehnsucht nach sexueller Verbindung. Daher ist jedes Gefühl, ihrer unwürdig zu sein – jede Sorge darüber, wie nett wir sind, wie sehr wir sie verdienen oder wie legitim es ist, dass wir existieren –, ein Störfaktor. Mit diesen Befürchtungen und Gedanken im Gepäck können wir keine unverkrampften sexuellen Wesen sein. Um es grob zu verallgemeinern: Wenn die Gefahr besteht, dass wir uns in Bezug auf uns selbst schlecht fühlen, werden wir uns – psychologisch gesehen zwangsläufig – auch in Bezug auf Sex schlecht fühlen. Was als sexuelle Probleme bezeichnet werden – Impotenz, Vaginismus, mangelndes Verlangen, destruktive Abhängigkeiten –, sind in erster Linie Probleme des Selbsthasses. Und man kann sich in der Regel nicht selbst hassen und gleichzeitig eine tolle Zeit im Bett haben.


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Um die Sache mit der sexuellen Scham in den Griff zu bekommen, müssen wir zunächst einmal akzeptieren, dass diese Schwierigkeit existiert und unser Leben beeinträchtigen kann. Wir müssen lernen, sie beim Namen zu nennen und ihr auf den Grund zu gehen. Trotz gegenteiliger Andeutungen schämen sich viele von uns, Frauen wie Männer, sehr für sich selbst – nicht weil das, was wir sexuell wollen, objektiv »schlecht« wäre (also ekelhaft oder für jemand anderen absichtlich verletzend), sondern weil unsere Geschichte uns dazu veranlasst hat, in dieser Weise negativ über uns selbst zu denken.

SEXUELLE SCHAM BRINGT UNS ZUM SCHWEIGEN.

Eine zentrale Folge der sexuellen Scham ist, dass sie uns zum Schweigen bringt. Wir schämen uns so sehr, dass wir nicht einmal über unsere Scham sprechen können. Deshalb ist es wichtig, dass wir uns trauen, unsere Gefühle in Worte zu fassen, und warmherzige, aufgeschlossene Menschen aufsuchen, bei denen wir uns sicher fühlen und wir uns endlich unsere Hemmungen eingestehen können. So können wir lernen, uns mit unvoreingenommenen, nicht urteilenden oder verletzenden Augen zu sehen.

Um zu ermessen, wie viel Scham wir in uns tragen, können wir uns bewusst ein paar Fragen stellen, auf die wir vielleicht keine angenehmen Antworten haben:

  • Wie fühle ich mich in meinem eigenen Körper?
  • Wie leid muss mir die Person tun, die mit mir Sex hat?
  • Kann mich jemand auf sexueller Ebene wirklich kennen und trotzdem mögen?

In einer fürsorglichen, sich gegenseitig unterstützenden Umgebung ist die Akzeptanz unserer Sexualität eine der großzügigsten und reifsten Handlungen, zu denen wir fähig sind. Wir – die Beschämten – verdienen es, Sex nicht weiterhin als einen mit Schuldgefühlen und Ängsten besetzten Bereich zu sehen, sondern als einen intensiv erfüllenden, unschuldigen und im tiefsten Sinne »spaßigen« Zeitvertreib. Etwas, das wir wirklich genießen können, so wie wir es – trotz früher Andeutungen des Gegenteils – wirklich verdienen, zu existieren.

Dieser Essay ist ein Auszug aus dem The School of Life Buch “Über Angst: Meditationen über ein Gefühl unserer Zeit” (Kapitel: Sex & Angst) – erschienen 2021 beim mvg Verlag. Preis: 15 € inkl. MwSt. Erhältlich im Buchhandel und bei uns im Shop in Berlin.






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By The School of Life

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