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Warum die Bindungstheorie für gelingende Liebesbeziehungen so wichtig ist

Warum die Bindungstheorie für gelingende Liebesbeziehungen so wichtig ist

Viele Liebende machen irgendwann die merkwürdige Erfahrung, dass es kaum möglich ist, eine gute Beziehung zu führen, ohne das Konzept der Bindungstheorie zu verstehen und sich darüber auszutauschen.

Die Theorie wurde in den 1950er Jahren von den Psychologen John Bowlby und Mary Ainsworth in England entwickelt. Sie besagt, dass die Annäherung an einen anderen Menschen, das sogenannte „Angewiesensein”, unweigerlich mit einem gewissen Maß an Angst und Risiko verbunden ist.

Liebe verlangt von uns, unsere emotionale Autonomie aufzugeben 

Lieben verlangt von uns, unsere emotionale Autonomie aufzugeben. Dadurch können wir jedoch in eine tiefe Abhängigkeit geraten. Ein*e Partner*in kann uns plötzlich durch Gleichgültigkeit oder Egoismus verletzen oder uns in eine Krise stürzen, indem er oder sie uns betrügt oder aus heiterem Himmel verlässt.

Wer das Glück hat, in der Kindheit beständig und verlässlich geliebt worden zu sein (was bei etwa der Hälfte der Menschen der Fall ist), kann mit diesen Bindungsrisiken umgehen. Solche Menschen sind sicher gebunden und können, kommen doch mal Zweifel auf, darüber sprechen, bevor die Gefühle unerträglich werden. Sie bitten um Rückversicherung und legen ihre Verletzlichkeit und ihre Bedürfnisse offen, ohne zu fürchten, gedemütigt oder verspottet zu werden.


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Bowlby und Ainsworth haben jedoch noch zwei andere Bindungstypen ausgemacht, für die die Sache weniger einfach ist, denn die Beziehungen zu ihren frühen Bezugspersonen waren weniger verlässlich und beständig. Und, was ebenso wichtig ist: Sie haben dies nie erkannt und nichts getan, um die negativen Folgen abzumildern.

Gespielte Unabhängigkeit und Kälte als Ergebnis einer von Unzuverlässigkeit geprägten Kindheit

Die Wissenschaftler*innen gingen davon aus, dass etwa ein Viertel von uns „vermeidend gebunden” ist. Jemandem nahe zu sein, empfinden diese Menschen als sehr riskant (denn das war es in ihrer Kindheit). Darum verhalten sie sich betont unabhängig, kalt und distanziert. Zweifeln sie daran, ob sie von ihren Partner*innen geliebt werden, haben sie nicht die innere Kraft, sich ihre Ängste einzugestehen und ihre Gefühle angemessen mitzuteilen. Sie ziehen einfach die Zugbrücke hoch, behaupten, schwer beschäftigt zu sein und verkünden, Freiraum zu brauchen. Nie geben sie zu, dass sie sich verlassen fühlen und dringend umarmt werden möchten. Viel einfacher ist es, ins Nebenzimmer zu verschwinden und einen langen Film anzugucken.

Ein vergleichbares Problem ist bei einem anderen problematischen Typus von Liebhaber*innen zu beobachten, der als „ängstlich gebunden” bekannt ist. Statt angesichts einer emotionalen Bedrohung zu erkalten, werden ängstlich gebundene Menschen wütend und werfen ihren Partner*innen alle möglichen Fehler vor. Zugleich verbergen sie sehr sorgfältig das eigentliche Problem, das sie beschäftigt. Ängstlich gebundene Menschen behaupten, dass ihre Partner*innen nichts im Haushalt taugen oder in Gesellschaft langweilig sind. Sie machen ihnen Vorwürfe und verhalten sich gemein, obwohl sie in Wahrheit traurig und verängstigt sind. Lieber beschimpfen sie ihre Partner*innen, als sich auf den bestürzenden Gedanken einzulassen, dass sie lieben – und fürchten, nicht zurückgeliebt zu werden.

Den Teufelskreis aus Verzweiflung und Schuldzuweisung durchbrechen

Sowohl ängstliche als auch vermeidende Verhaltensmuster lösen stürmische Konflikte aus. Wenn sie spüren, dass der geliebte Mensch erkaltet oder wütend wird, ziehen sich die meisten Partner*innen zurück – und setzen damit einen Teufelskreis aus Verzweiflung und Schuldzuweisungen in Gang.

Glücklicherweise verringert sich diese Gefahr enorm, wenn die Liebenden ohne Scham zugeben, dass sie zu vermeidenden oder ängstlichen Reaktionen neigen; wenn sie, vielleicht bei einem entspannten Abendessen, erklären, dass sie aus Angst, verlassen zu werden, manchmal versucht sind, gewisse Mätzchen zu machen, sich diese dann aber doch verkneifen; wenn sie also fähig sind, ihre Ängste einzugestehen, ohne sie auszuleben.

Wir brauchen keine „gesunden“, sicher gebundenen Partner*innen. Was wir brauchen, ist eine intensive, gemeinsame Bereitschaft zur Selbsterkenntnis, eine große Neugier auf unsere Psyche, die Fähigkeit, uns jederzeit zu entschuldigen – und ein Verständnis des menschlichen Wahnsinns, auf das Verlass ist.

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